Barrierefreiheit an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung

Dejan Pavlovic
An den Fahrstühlen werden die taktilen Tafeln angebracht und entsprechende Bodenindikatoren führen dorthin.

Die Hessische Hochschule für Polizei und Verwaltung wurde in mehreren Etagen barrierefrei. Das Leitsystem soll vorwiegend Studierenden mit kognitiven Einschränkungen die Orientierung im Gebäude erleichtern. Sie haben richtig gelesen, auch Menschen mit Handicap können sich an der Hochschule der Polizei einschreiben. Die Hochschule bildet auch Studenten im Bereich der Verwaltung aus, was natürlich Menschen mit Handicaps integriert. Die Verantwortlichen der Hochschule haben uns beauftragt das Konzept und die Umsetzung eines barrierefreien Leitsystems im Gebäude zu installieren. Da wir vorher schon das Farbleitsystem an dieser Hochschule installiert hatten, waren wir mit dem Gebäude und dem nötigen Aufwand vertraut.

Am Fahrstuhl werden die taktilen Tafeln in den jeweiligen Etagen angebracht.
Nicht überall muss das Gebäude barrierefrei sein.

Taktile Tafeln neben den Aufzügen

Da die Ausbildung im Bereich Verwaltung nur in der 1. und 3. Etage stattfindet, war es schon im Vorfeld sichergestellt, dass nicht das ganze Gebäude mit barrierefreien Elementen ausgestattet werden muss. D.h. es mussten nur der Eingangsbereich im Erdgeschoss und die zwei oberen Etagen konzipiert und umgesetzt werden. Durch die klare Definierung der benötigten Bereiche und Eingrenzung der Zielgruppe konnte in diesem Fall einiges an Kosten gespart werden.

Wir fokussierten uns bei der Konzeption in erster Linien auf die taktilen Tafeln, die wir neben den Fahrstühlen und beim Zugang der Bibliothek platzierten. Da diese Tafeln auch für alle anderen Nutzer sichtbar sind, sollten sie neben den taktilen Elementen auch alle konventionellen Informationen beinhalten. Natürlich wurden nur die wichtigen Elemente auf der Tafel taktil hervorgehoben. Auch die Farbbereiche haben wir mit unterschiedlichen Pattern definiert, damit bei der Berührung klar erkennbar ist, dass es sich um einen anderen Farbbereich im Gebäude handelt.

Die Tafeln wurden im UV-Druck von der Firma Moedel GmbH aus Amberg produziert und geliefert.

Dieses Projekt ist auch ein gutes Beispiel, wie wir unser Farbleitsystem im Bereich der Inklusion und Barrierefreiheit verwenden.

Taktile Tafeln im Schulgebäude
Um Kosten zu sparen, sollten vorhandene Synergien genutzt werden.
Taktile Tafeln im Schulgebäude

Bodenindikatoren in Weiß

Neben den taktilen Tafeln wurde auch der Bodenbereich berücksichtigt. Da im Gebäude vorwiegend Steinboden vorhanden ist, wurden Bodenindikatoren und Aufmerksamkeitsfelder gewählt, die auf den Boden aufgeklebt werden können. Das Festschrauben oder Integrieren der Bodenelemente in den Steinboden, hätte um einiges mehr gekostet und vor allem mehr Zeit in Anspruch genommen. Auch haben wir uns entschlossen die Rippen (Bodenindikatoren) und auch die Noppen (Aufmerksamkeitsfelder) einzeln zu verkleben. In diesem Fall verwendeten wir die Express-Verlegeschablonen von Moedel GmbH, was zwar half die Elemente besser zu positionieren, aber trotzdem mussten diese alle einzeln verklebt werden.

 

Barrierefreie Elemente müssen immer noch individuell gestaltet und geplant werden.
Noppen und Rippen auf dem Steinboden.

Jedes Element einzeln verklebt

Bei den Elementen, die wir auf dem Steinboden angebracht haben, musste jede Rippe und jede Noppe einzeln verklebt werden. Die Menge sollte man auf keinen Fall unterschätzen. Bei diesem Projekt hatten wir Installationen in drei Etagen, wobei im Erdgeschoss nur der Eingangsbereich mit der Führung zum Aufzug und in den Innenhof geplant wurde und in den oberen Etagen nur der Bereich am Aufzug, wo die taktile Tafel befestigt ist.

Trotzdem wurden über 3000 Noppen und 500 Rippen verklebt.

Verklebung der Noppen und Rippen
Eingangsbereich

Eingangsbereich und Schranke

Die Außenscheiben wurden mit Durchgansschutzelementen (schwarz/weiß) beklebt. Normale graue Folie reicht hierbei nicht aus. Außerdem wurde die Eingangstür, die für den barrierefreien Zugang gedacht ist von außen mit Schwarz-Weiß-Folie beklebt, um diesen Eingang besser hervorzuheben. Wichtig ist auch, dass die Bodenindikatoren nicht mittig zum Laufweg montieret sind. In der Regel sollten diese immer seitlich positioniert werden. Einerseits, damit die allgemeinen Besucher nicht unbedingt auf den Bodenindikatoren laufen müssen und auch für den Nutzer der Bodenindikatoren, eine seitliche Führung immer leichter ist.

Ein anderer wichtiger Aspekt bei der Planung ist, dass die Bodenmarkierungen bei einem Richtungswechsel immer einen Winkel von 90° haben müssen. Somit muss man vor Ort schauen, wie die Aufmerksamkeitsfelder angelegt werden, damit auch die ganzen Laufwege richtig platziert werden können. Dies benötigt einiges an Übung und Erfahrung.

Empfangsbereich und Eingangsbereich
Die Produktionszeit der taktilen Tafeln und Lieferzeit der benötigen Materialien darf man nicht unterschätzen.
Rippen und Noppen gut sichtbar.

Planung und Umsetzung

Die Planungsphase hat ungefähr einen Monat gedauert. Wobei gerade die Sommerferien und auch die Umbaumaßnahmen in anderen Etagen, die Kommunikation etwas verlangsamt hatten. Dies war aber nicht problematisch, da dieses Projekt keine Eile hatte. Die Umsetzung, nach Lieferung der benötigen Elemente, wurde innerhalb von 2 Tagen erledigt. Die Produktionszeit der taktilen Tafeln hatte ca. 4 Wochen gedauert. Die längere Produktionszeit sollte man bei solchen Projekten berücksichtigen, da die Elemente einzeln gefertigt und mehrere Tage mittels UV-Druck produziert werden (Druckphase + Trocknungsphase). Auch muss man bedenken, dass die jeweiligen Druckereien oft nicht sofort mit der Produktion starten können.

D.h. immer vorab bei der Planung die Fertigungszeit berücksichtigen und vorab den Zeitaufwand bei der Druckerei klären.

Über Dejan Pavlovic Designer, Media Consultant, Business Angel
Seit 1994 entwickele ich als Designer für Unternehmen nach dem Prinzip der “10 Heuristiken” Userinterfaces und Webseiten. Durch Zufall bin ich durch die Krisenfälle in Deutschland seit 2009 mit dem Thematik der Leitsysteme und Orientierung in Berührung gekommen. Entwickelt wurde dadurch das Farbleitsystem (FLS). Mittlerweile wird es bundesweit an Schulen und öffentlichen Gebäuden von uns realisiert. Gerne tausche ich mich mit Planern, Betroffenen, Kritikern oder Befürwortern aus und erkläre, was ich mir während der Entwicklung gedacht habe. Leider gibt es einige Menschen, die gerne ohne mein Wissen über die Vor- und Nachteile eines einheitlichen Systems urteilen und einen Dialog mit mir meiden, was ich sehr schade finde. Auch kann es sein, dass ich mit manchen Thesen am Ende nicht immer richtig lag oder auch manches aus meinem Blickwinkel anders interpretiere. Das ist menschlich und im Schaffensprozess natürlich. Daher freue ich mich über Gegendarstellungen und andere Erfahrungen. Ich lasse mich gerne überzeugen und ergänze dann das Gesamtbild.
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