Sozialgruppe Kassel e.V. Standort 2 bekommt das bewährte Farbleitsystem für eine bessere und einheitliche Orientierung

Dejan Pavlovic
Orientierungstafel der Sozialgruppe Kassel e.V. am Standort 2

2018 wurden wir beauftragt am Standort 2 der Sozialgruppe Kassel e.V. unser Farbleitsystem zu installieren. Berücksichtigt werden sollte unter anderem, dass in der Arbeitsstätte hohe Sicherheitsanforderungen und optimierte Orientierung für die Mitarbeiter als auch bei die Zulieferer erforderlich waren.

Anfang der 90iger Jahre wurde die Einrichtung fertig gestellt und auch ein Leitsystem konzipiert, welches den heutigen gewünschten Anforderungen nicht mehr entspricht. In der Einrichtung arbeiten vorwiegend Menschen mit Behinderung und Betreuer, die bei Bedarf unterstützen. Auch hat sich die Kommunikationsart am Standort in den letzten Jahren verändert. Die Mitarbeiter haben ein höheres Mitspracherecht und wollen bei der Umsetzung des Leitsystems und der internen Organisation ein Mitspracherecht haben und Begriffe, die vielleicht vor einigen Jahren akzeptiert wurden, umändern.

Heutzutage wird der Begriff „behindert“ oft falsch interpretiert, da, seit dem Teenager dieser Begriff als Schimpfwort verwenden, eine negativen Klang hat. Zu Unrecht, denn für viele behinderte Menschen ist es eine neutrale Beschreibung eines Merkmals.

Die ersten Änderungswünsche

Als erstes wurde bei der Umsetzung des Farbleitsystems die Bezeichnung des Standortes geändert. Von „Kasseler Werkstatt 2“ wurde dieser zum „Standort 2“ umbenannt. Hierbei war einfach der Wunsch, dass der Begriff „Werkstatt“ nicht mehr an diesem Ort verwendet wird.
Auch wurde das aktuelle Untergeschoß zum Erdgeschoß und das Ergeschoß zum 1. Obergeschoß umgenannt, was natürlich möglich war, da der Zugang zum Gebäude auch auf der unteren Ebene möglich war. Die Assoziation des Untergeschoßes kann man auf mehrere Weise ableiten. Wir kennen dies, wollen es aber jetzt in dem Blog nicht weiter vertiefen.

Auch kleine Veränderungen können Großes bewirken.

Erste Konzepte

Natürlich wird bei unserem Farbleitsystems vorwiegend die Sicherheit und Orientierung für Rettungskräfte und Polizei in den Focus gestellt. Dies war nun bei diesem Projekt erst einmal nicht der Fall. Denn gerade in Gebäuden, wo nahezu 80% der Menschen mit Behinderungen an dieser Arbeitsstätte arbeiten, wurde in erster Linie ein Orientierungs- und Leitsystem gewünscht, dass einheitlich und homogen in den Arbeitsalltag und Struktur für die Mitarbeiter integriert wird. Die Farbbereiche und Nummerierungen der Gebäudeteile und Räume wurde schnell umgesetzt, da dies auch im Farbleitsystem-Konzept einheitlich übernommen wurde. Auch wurden die verschiedenen Gebäudeteile mit Buchstabenbezeichnungen versehen.

Jedes Projekt ist einzigartig und manche einzigartiger.

Die Herausforderung

Generell war die Basis bei der Umsetzung das Farbleitsystem. Aber neben dem Leitsystem musste auch die Kommunikation für die behinderten Mitarbeiter besser organisiert werden: sowohl inhaltlich als auch optisch. Hierbei haben wir auch zum ersten mal die METACOM-Symbole durch den Auftraggeber kennen gelernt, welche seit Jahren an diesem Standort genutzt werden. Die Grafikerin Annette Kitzinger hatte eine Symbolsammlungen für ihre Tochter entwickelt, um die Kommunikation mit ihr zu vereinfachen. METACOM ist ein professionell und speziell für Unterstützte Kommunikation gestaltetes Symbolsystem, was mittlerweile auch an diesem Standort mehr und mehr genutzt wird. Gerade die jüngeren Mitarbeiter sind mit der Symbolik vertraut. Deswegen war es uns und dem Auftraggeber sehr wichtig, daß wir dieses mit unserem System vereinen.

METACOM-Symbole an einem kurzen Türmarker.

Dies erforderte einige Muster, die wir dann mit dem Kunden erarbeiteten und finalisierten. Im Gegensatz zu unseren üblichen Türmarkern, waren z.B. die gelben Vorlagen mit schwarzer Schrift versehen und nicht in gelber, wie wir es üblicherweise machen. Dies wurde ausdrücklich gewünscht, um eine besseren Kontrast zum Hintergrund zu erzielen, was wir natürlich unterstützen.

Lange Türmarker mit schwarzer Beschriftung.
Das Farbleitsystem muss flexibel sein, aber trotzdem den gewünschten Zweck erfüllen.

Umsetzung in mehreren Phase

  1. Phase: Gestaltung der FLS-Pläne, Klärung der Nummerierung und Farbbereiche
  2. Phase: Abnahme der Vorlagen, Produktion und Montage der Türmarker, Wandmarker und Oberlichter
  3. Phase: Gestaltung, Produktion und Montage der Beschilderung im Außenbereich und Austausch der alten Beschilderung im Innenbereich.
  4. Phase: Ergänzung weiterer Informationsträger. In diesem Fall Informationstafeln, die wir mit dem Auftraggeber gestaltet haben, da ein vergleichbares System nirgend wo angeboten wurde.

Erste Phase

Nach Erhalt der Grundrisspläne, wurden die ersten Entwürfe gestaltet und mit dem Auftraggeber besprochen. Herbei war es wichtig, daß die Farbbereiche auch den Funktionsbereichen entsprach und auch optisch getrennt wurden. Dabei stellte sich heraus, daß hierbei nicht, wie bei Schulen, ein durchgehender Flurbereich vorhanden ist, sondern diese zum Teil Arbeitsbereich sind, die gekennzeichnet werden müssen. Dadurch war die Nummerierung der Räume nicht ganz so einfach, wie wir uns das am Anfang vorgestellt haben. Je mehr wir uns mit der Gebäudestruktur auseinandersetzten, desto klarer wurden die definierten Bereiche und auch die daraus schliessende Raumnummerierung.

 

Farbbereiche und Kennzeichnung der Gebäudeteile in Kassel.

Zweite Phase

Nach er Klärung und Abnahme der Farbbereiche und der Raumnummerierung, wurden über 300 individuelle Türmarker gestaltet, produziert und im Innenbereich der zwei Gebäude montiert. Da es bei diesem Projekt sich nicht um eine Schule handelt, kann man sich vorstellen, daß die Montage nicht nur an normalen Türen angebracht wurde, sonder auch an Wänden und Brandschutztüren. Dieser Standort ist im Grunde genommen eine Montagewerkstatt mit grossen Hallen und Werkstätten. Dies bedeute für uns eine neue Herausforderung, die wir mit intensiver Absprache mit den Verantwortlichen, umsetzten.

Roter Bereich
Gründer Bereich

Gerade die Beschilderung benötige einiges mehr auf Aufwand, als vorhergesehen, da neben den Bezeichnungen, die METACOM-Symbole sehr wichtig sind und individuell mit den Verantwortlichen geklärt werden musste. Zum Teil wurden bis zu 3 Symboliken auf einen Türmarker angebracht. Es musste klar lesbar sein und auch alle benötigten Informationen anzeigen, die in den dahinter liegenden Räumen vorzufinden sind. Da wir bei diesen Elementen keine Erfahrung und auch kein Mitspracherecht hatten, war es in diesem Fall nur die Umsetzung und grafische Gestaltung, die von uns benötigt wurde. Für spätere Projekte, wissen wir dann, wie und was bei den Symboliken wichtig ist, um auch mehr PRO-Aktiv bei den Projekten zu agieren.

Beschilderung mit METACOM-Symbolen und Texteinformationen

Dritte Phase

Nach der Abnahme der Türmarker und der Basiselemente des Farbleitsystems, wurde die Beschilderung im Innenbereich und Aussenbereich geplant. Hierbei wurden die alten Beschilderungen aus den 90igern mit den Elementen und dem Design des Farbleitsystems übernommen. Hierbei werden ca. 30 Schilder und 4 Orientierungstafeln mit den Grundrissen und Bezeichnungen gestaltet, produziert und vor Ort montiert. Hierbei haben wir die alten Standorte der Beschilderungen vorgezogen. Einerseits waren diese Standorte schon vom vorherigen Leitsystem verwendet worden und erfüllten dort ihren Zweck. Da wir diese Flächen wieder verwendeten, war das Streichen der Wände in diesem Fall nicht nötig bzw. man konnte die Elemente zum Teil wieder verwenden.

Die Umsetzung der dritten Phase wird in naher Zukunft umgesetzt.

Über Dejan Pavlovic Designer, Media Consultant, Business Angel
Seit 1994 entwickele ich als Designer für Unternehmen nach dem Prinzip der “10 Heuristiken” Userinterfaces und Webseiten. Durch Zufall bin ich durch die Krisenfälle in Deutschland seit 2009 mit dem Thematik der Leitsysteme und Orientierung in Berührung gekommen. Entwickelt wurde dadurch das Farbleitsystem (FLS). Mittlerweile wird es bundesweit an Schulen und öffentlichen Gebäuden von uns realisiert. Gerne tausche ich mich mit Planern, Betroffenen, Kritikern oder Befürwortern aus und erkläre, was ich mir während der Entwicklung gedacht habe. Leider gibt es einige Menschen, die gerne ohne mein Wissen über die Vor- und Nachteile eines einheitlichen Systems urteilen und einen Dialog mit mir meiden, was ich sehr schade finde. Auch kann es sein, dass ich mit manchen Thesen am Ende nicht immer richtig lag oder auch manches aus meinem Blickwinkel anders interpretiere. Das ist menschlich und im Schaffensprozess natürlich. Daher freue ich mich über Gegendarstellungen und andere Erfahrungen. Ich lasse mich gerne überzeugen und ergänze dann das Gesamtbild.
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