AMOK-Lauf an der Marjory Stoneman Douglas Highschool in Parkland in Florida 2018

Dejan Pavlovic

Wie schon in den Nachrichten berichtet, wurden bei diesem AMOK-Lauf 17 Personen erschossen. Opfer waren bei der unbeschreiblichen Tat 14 Schüler und 3 Lehrer. Leider ist bisher die einzige Konsequenz aus dem AMOK-Lauf – wie immer in den USA – eine große Diskussion über Waffenbesitz und der Vorwurf, dass Täter ohne Weiteres an gefährliche Schusswaffen kommen. Es wird ein Aktionismus gestartet, der selten zielführend ist.

Gestelltes Bild. Schule als gefährlicher Ort.
Die Schulen müssen ein sicherer Ort zum Lernen sein.

Allerdings war in diesem Fall der Verlauf der Tat gegenüber anderen AMOK-Fällen etwas anders. Der Schütze wurde lebend gefangen, was bei solchen Taten eher selten der Fall ist. Der Täter hat sich nach dem Hergang unter die verängstigten Schüler gemischt und ist dann zu einer Fastfood-Kette gelaufen, um etwas zu essen. Durch die örtlichen Kameras und Zeugen wurde der Täter schnell identifiziert und gefasst. Darüber hinaus ist es tragisch und alarmierend, dass es mittlerweile der 19. Zwischenfall dieser Art in diesem Jahr in den USA ist und dies bereits im Februar. Man merkt, dass für diese Konfliktsituation und das leichte Beschaffen von Waffen immer noch keine effektiven Lösungsansätze gefunden sind und die Polizei, die SWAT-Teams und die Rettungsdienste immer noch nicht für solche Fälle gut vorbereitet und geschult sind.

In den USA ist es einfacher an Schusswaffen zu kommen als an Spirituosen.

Eine der tragischsten Informationen, die mich erschütterten ist, dass vor Ort ein Polizeibeamter, der zuständig ist für die Sicherheit an Schulen, nicht eingegriffen hat und sich auf dem Gelände versteckte. Anscheinend hatte diese Person geglaubt, dass die Schüsse im Außenbereich stattfanden und er einfach nach „Protokoll“ handelte. Bei Schüssen im Gebäudeinneren hätte er nach der vorgeschriebenen Handlungsanweisungen einschreiten müssen.

Mir erschließt sich leider in diesem Fall keine Logik, da es offensichtlich ist, dass Schussgeräusche, ob im Gebäude oder auf dem Gelände, schwer zu unterscheiden sind.

Auch hatte der Täter bereits vor der Schießerei, ausgestattet mit einer Gasmaske und Rauchbomben, den Feueralarm ausgelöst, was zur Folge hatte, dass die Schüler, wie im Brandfall üblich, die Klassenräume verließen anstatt sich, wie bei AMOK üblich, in den Räumen zu verbarrikadieren.

Hier erkennen wir sofort die Problematik bei den Handlungsanweisungen in Krisenfällen. Man müsste somit überlegen, wie man solche Überschneidungen vermeiden kann. Es ist zu überprüfen, ob es besser wäre, zunächst auch im Brandfall noch im Raum zu bleiben, sofern noch keine zweite Bestätigung bzw. Alarmsignal durch beispielsweise Rauchmelder ausgelöst ist. Diese Vorgehensweise wäre nur geeignet an Schulen an denen mind. zwei Fluchtwege innerhalb der jeweiligen Klassenräume vorhanden sind.

Das Verhalten bei Feuer und AMOK kollidiert tragischerweise im Ernstfall.
Polizeieinsatz FLS
Polizei in Köln (Archivbild).

Die örtliche Polizei, das FBI und eine SWAT-Spezialeinheit brauchten mehr als eine Stunde, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Dies zeigt wieder einmal, dass ein einheitliches Vorgehen und eine optimale Orientierung an den Schulen erforderlich ist, um eine Krisensituation schneller unter Kontrolle zu bringen. Unser Farbleitsystem ist gerade für diese Fälle in Hessen eingeführt worden, um bei solchen Krisensituationen sowohl die Orientierung für den Rettungseinsatz und die Polizei zu regulieren, als auch Bereiche besser unter Kontrolle bringen zu können. Da beim einheitlichen Orientierungssystem die Gebäudeteile in festgelegte, farbliche Bereiche eingeteilt werden, kann bei einem Rettungseinsatz schnell und einfach der Farbbereich kommuniziert werden und gleichzeitig geklärt werden, ob dieser sicher ist und Verletzte gegebenenfalls geborgen werden müssen/können.

Dies war an dieser Schule in Florida nicht der Fall. Durch die campusartige Struktur des Schulgeländes ist eine sichere und einfache Orientierung auf dem Gelände ohne Weiteres nicht möglich. Die Einsatzkräfte konnten untereinander nicht eindeutig die jeweiligen Ortssituationen kommunizieren, wo die Bereiche sicher waren und wo der Täter zu suchen ist. Somit hatte der AMOK-Täter ein leichtes Spiel, sich unter die Menge zu mischen und zu flüchten.

Auch wurde der Schüler im Vorfeld bereits als „Bedrohung“ klassifiziert und trotzdem wurde der Täter nicht richtig betreut, um die Tat zu verhindern. Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer, aber was doch wichtig ist, den großen gesellschaftlichen Handlungsbedarf anzuerkennen und aus diesem Fehlverhalten der Verantwortlichen für die Zukunft Schlüsse zu ziehen, um solche Situationen besser unter Kontrolle zu halten und vorzubeugen.

Schüler, die als Bedrohung gelten, sollten umgehend betreut werden, um die Gefahrenlage besser einzuschätzen.

Fatal im Nachhinein ist, dass die amerikanischen und dann auch folglich die deutschen Nachrichten den vollen Namen des Täters in den Nachrichten veröffentlichten. Was strategisch fatal ist: Täter werden öffentlich bekannt und von Nachahmern glorifiziert. Eine potenzielle Berühmtheit ist von vielen Tätern erwünscht und animiert zur Nachahmung. Die Veröffentlichung des Namens und der Details des Tathergangs sollten generell in den Nachrichten vermieden werde, um potenziellen Tätern nicht die Möglichkeit zu geben, aus den Vorfällen negativ zu lernen und den Täter zu verehren.

Leider ist dies beim AMOK-Lauf an der Columbine High School immer noch der Fall. Diese Täter werden immer noch in den Sozialen Medien von potenziellen Tätern verehrt. Der Vorfall am 20. April 1999 war bis zum AMOK-Lauf von Parkland die blutigste Tat ihrer Art an einer US-amerikanischen Highschool und erregte weltweites Aufsehen. Generell sollten Jahrestage mit Vorsicht kommuniziert werden.

Täternamen und Tathergang sollten in den Medien nicht erwähnt werden. Details dienen oft den potenziellen Tätern.

Gerne wird gesagt, dass so etwas NUR in Amerika passieren kann. Leider ist dies nicht der Fall. Die grauenhaften Taten in Erfurt und Winneden sind zwar schon einige Jahre her, aber für die betroffenen Personen immer noch sehr präsent. Das heißt, dass wir immer damit rechnen müssen, dass etwas passieren könnte.

Für jede erdenkliche Krisensituation ist ein optimales Orientierungssystem an Schulen lebensrettend. Gerade der Zeitfaktor entscheidet oft über Leben und Tod.

Ich hoffe, dass solche Taten nicht mehr passieren und Schulen auch in Zukunft ein sicherer Ort bleiben.
Über Dejan Pavlovic Designer, Media Consultant, Business Angel
Seit 1994 entwickele ich als Designer für Unternehmen nach dem Prinzip der “10 Heuristiken” Userinterfaces und Webseiten. Durch Zufall bin ich durch die Krisenfälle in Deutschland seit 2009 mit dem Thematik der Leitsysteme und Orientierung in Berührung gekommen. Entwickelt wurde dadurch das Farbleitsystem (FLS). Mittlerweile wird es bundesweit an Schulen und öffentlichen Gebäuden von uns realisiert. Gerne tausche ich mich mit Planern, Betroffenen, Kritikern oder Befürwortern aus und erkläre, was ich mir während der Entwicklung gedacht habe. Leider gibt es einige Menschen, die gerne ohne mein Wissen über die Vor- und Nachteile eines einheitlichen Systems urteilen und einen Dialog mit mir meiden, was ich sehr schade finde. Auch kann es sein, dass ich mit manchen Thesen am Ende nicht immer richtig lag oder auch manches aus meinem Blickwinkel anders interpretiere. Das ist menschlich und im Schaffensprozess natürlich. Daher freue ich mich über Gegendarstellungen und andere Erfahrungen. Ich lasse mich gerne überzeugen und ergänze dann das Gesamtbild.
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